Rinderbrühe nach dem Rezept von Marco Canora

Rinderbrühe nach dem Rezept von Marco Canora

Als ich für Food Movement vor knapp eineinhalb Jahren ein Gastrezept einreichen durfte, entschied ich mich für die Hühnerbrühe. Damals las ich das Buch Brodo von Marco Canora,* um mehr über die gesundheitliche Wirkung dieser Suppe zu erfahren. Canora fing vor ein paar Jahren an, an einem kleinen Fenster in New York Knochenbrühe zu verkaufen und löste damit einen neuen Trend aus. Er schwört auf die Knochenbrühe, genauso wie Elaine Gottschall. Sie ist jedoch in ihrem Buch nie ausführlich darauf eingegangen, warum diese Brühe so essentiell für die Heilung des Darms ist. Erst als ich das Buch von Jordan Reasoner und Steven Wright* gelesen hatte, wurde mir die Bedeutung der Brühe für die SCD bewusst. Und Canora geht mit seinem Buch noch viel tiefer auf die positiven Wirkungen ein, die Knochenbrühe auf den Darm und den ganzen Organismus hat.

Warum Canora sein Essverhalten änderte

Canora ist Italiener und natürlich waren Brot und Pasta Hauptbestandteil seiner Ernährung. Er sah jedoch ein, dass er etwas ändern musste, als er die Diagnose von Prädiabetes, hohem Cholesterinspiegel und Gicht erhielt. Zudem musste er dringend ein paar Kilo abnehmen. Bevor er auf vollwertige und nur minimal verarbeitete Lebensmittel umstieg und viel Eiweiß, Ballaststoffe und hochwertige Fette in seinen Speiseplan einbaute, aß er neben Brot und Pasta kohlenhydratreich, trank viel Alkohol und rauchte eine Zigarette nach der anderen.

Als er anfing zwei Tassen Brühe täglich zu trinken, stellte er fest, dass er bis ungefähr 13 Uhr keinen Hunger verspürt. Das liegt daran, dass Brühe den Blutzuckerspiegel nicht unkontrolliert hochschnellen lässt, wonach der Abfall unweigerlich zu Hunger oder Heißhunger führt. Brühe enthält null Zucker und viel Eiweiß sowie gesunde Fette, die langsam verdaut werden und den Blutzucker stabilisieren. Er stellte außerdem fest, dass täglich Brühe zu trinken zu einer Besserung seiner Verdauungsbeschwerden führte, er weniger unter Stimmungsschwankungen litt und mehr Energie zur Verfügung hatte. Er sagt:

„Brühe stärkt den Körper auf eine Art und Weise, wie koffeinhaltige Getränke es nicht können.“

Die Nährstoffe einer Knochenbrühe

Leider wissen viele heute weder, wie man eine gute Brühe kocht, noch wie nährstoffreich sie ist. Ich habe wohl bis zu meinem 29. Lebensjahr nie selbst eine Brühe angesetzt und kannte nur die Tütenbrühen oder Brühwürfel. Mit der Entdeckung von Mononatriumglutamat (MSG), einem künstlichen Geschmacksverstärker, der in Brühwürfeln, dehydratisierten Suppenmischungen und industriell hergestellten wässrigen Fonds enthalten ist, setzte sich der Trend zu Suppentüten und Co. durch. Es war (und ist für viele) einfach so schön praktisch: Tüte aufreißen und in kochendes Wasser geben, kurz umrühren, fertig. Dadurch verschwanden jedoch das Wissen und das Kochen von Brühen in den letzten zwei Generationen aus dem Haushalt. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass es bei uns daheim jemals selbstgemachte Brühe gab. Doch in den Tütenbrühen fehlen all die guten Eigenschaften einer selbst gekochten Suppe, wie z.B.

  • Gelatine: essbares Kollagen, das beim Kochen einer Brühe frei wird. Wenn die Brühe im Kühlschrank wie Wackelpudding wird, hat sie besonders viel Kollagen.
  • Kollagen: ein Protein, das in unseren Knochen, Haut und Gelenken, Sehnen und Bändern und im Bindegewebe vorkommt, macht den Körper elastisch und widerstandsfähig.
  • Aminosäuren: Gelatine liefert einige der nicht essentiellen Aminosäuren (Prolin, Glycin, Glutamin und Arginin), die für gesunde Haut, Knochen und Gelenke wichtig sind.
  • Knorpel: enthält natürliche Glykosaminglykane (GAG) für die Bildung von Bindegewebe. Dazu gehört Hyaluronsäure. Knorpel enthält auch Glucosamin, eine Vorstufe von GAG, die das Wachstum und die Reparatur von Knorpel und das bekannteste Nahrungsergänzungsmittel für gesunde Gelenke ist.
  • Knochenmark: enthält einfach ungesättigte Fettsäuren, also gesundes Fett, das den Blutzucker unter Kontrolle hält. Eine gute Quelle für entzündungshemmende Omega-3-Fettsäuren ist Knochenmark von Weidetieren. Außerdem stärkt Knochenmark das Immunsystem und transportiert Sauerstoff in die Zellen.

Canora schreibt in seinem Buch:

„Es ist kein Zufall, dass unser kollektiver Gesundheitszustand sich rapide verschlechtert hat, seit wir aufgehört haben, diese Gerichte zu essen. Viele Krankheiten und Symptome, die wir inzwischen für selbstverständlich halten – Gelenkschmerzen, vorzeitige Hautalterung, Verdauungsbeschwerden und sogar Depression – lassen sich auf falsche Ernährung zurückführen.“

Die heilende Wirkung der Knochenbrühe

  • Sie hilft, den Darm zu heilen
  • Lindert Gelenkschmerzen
  • Bekämpft Infektionen (es heißt nicht umsonst, Hühnerbrühe bei Grippe)
  • Stärkt Knochen
  • Bringt Haut und Haare zum Strahlen
  • Unterstützt bei der Entgiftung der Leber
  • Dämmt Entzündungen ein

Diese Erkenntnisse beruhen jedoch nur auf Beobachtungen, es gibt keine Studien dazu. Knochenbrühe ist ein Heilmittel, das niemand verschreibt und an dessen Erforschung der Wirkung niemand interessiert ist, denn mit Brühe lässt sich kein Profit machen. Canora schreibt:

„Stellen Sie sich vor, ein Pharmakonzern hätte ein Medikament entwickelt, das hilft, den Darm zu heilen, das Gelenkschmerzen lindert, Infektionen bekämpft, Knochen stärkt, Haut und Haare zum Strahlen bringt, die Leber beim Entgiften des Körpers unterstützt und Entzündungen eindämmt. Wir würden alles daransetzen, um ein solches Mittel zu bekommen. Die Ironie liegt darin, dass dieses Mittel bereits existiert: Knochenbrühe.“

Warum Brühe ein Hauptbestandteil der „Intro-Diät“ ist

Immer wieder weise ich darauf hin, wie wichtig es ist, die Intro-Diät zu machen, wenn man mit der SCD startet. Hühnerbrühe bzw. Knochenbrühe ist ein Hauptbestandteil der Intro-Diät. Canora bringt es in seinem Kapitel „Alles auf null: drei Tage Brühe“ auf den Punkt:

„Wenn Sie Ihrem Verdauungssystem eine Pause gönnen, die Heilung eines angeschlagenen Darms einleiten oder sich von einem Fressgelage erholen wollen, bietet es sich an, einige Tage lang ausschließlich Brühe zu trinken. Knochenbrühe repariert Ihren Magen-Darm-Trakt, unterstützt das Immunsystem und liefert gleichmäßig Energie, ohne dass Sie Hunger leiden. Auch ein einziger Tag mit diesem Programm wird Ihrer Verdauung guttun, vor allem, wenn Sie zu viele fette (oder industriell verarbeitete und entzündungsfördernde) Sachen gegessen haben.“

Canora geht auch kurz auf den „löchrigen“ Darm, also Leaky Gut, ein und wie die Gelatine aus der Knochenbrühe helfen kann, die mikroskopisch kleinen Löcher im Darm zu schließen:

„Kollagen ist ein Hauptbaustein des Darms. In Form der nahrhaften Gelatine einer Knochenbrühe ist es eines der besten Lebensmittel, die man zu sich nehmen kann, um eine durchlässige Darmwand zu heilen und zu versiegeln. Gelatine enthält Glutamin, das die „Löcher“ im Verdauungstrakt schließen kann und somit weiteren Schaden verhindert.“

Er erwähnt auch die GAPS-Diät und AIP, in denen Knochenbrühe ebenfalls empfohlen wird. Sogar bei Sodbrennen soll Brühe helfen. Denn Sodbrennen wird nicht, wie fälschlicherweise oft angenommen, durch zu viel Magensäure verursacht, sondern durch zu wenig. Das in Gelatine enthaltene Glycin regt die Produktion von Magensäure an, wodurch die Knochenbrühe unterstützend dabei wirkt, Sodbrennen zu kurieren und zu verhindern – eine Tablette hingegen lindert kurzfristig nur das Symptom, nicht aber die Ursache.

Worüber Canora noch schreibt

Er verrät seine Kochtipps, zum Beispiel bevorzugt er es, die Brühe ohne Deckel köcheln zu lassen, denn dadurch fördere er die Verdunstung und Konzentration. Auch bei einem Schongarer würde er den Deckel weglassen. Und er geht ausführlich darauf ein, wo man die besten Knochen findet und welche Knochen man am besten verwenden soll.

Außerdem kommt es auf das richtige Verhältnis von Wasser und Zutaten an, damit man eine gute Brühe bekomme. Wenn sie fertiggekocht und abgekühlt ist und dann nicht geliert, wurde vermutlich zu viel Wasser verwendet.

Er widmet sich in einem ganzen Kapitel dem richtigen Würzen der Brühe: Wann soll gewürzt werden, welches Wasser soll verwendet werden, wann fügt man das Salz hinzu. Und natürlich gibt es auch einen Rezepteteil, unterteilt in Brühen (vegetarische/vegane Brühen hat er auch aufgenommen), Brodo Bowls, das sind Suppen, die auf seinen Brühen beruhen und mit weiteren Zutaten, wie Kokosmilch, Ingwer, Shiitakepilze, anderem Gemüse, manchmal auch Getreide, verfeinert wurden. Er hat einen ganzen Risotto-Teil und einige Ideen, was man mit den ganzen Fleischresten zubereiten kann, die beim Kochen einer Brühe anfallen. Nicht alle Gerichte sind SCD-konform.

Das Buch über Knochenbrühe

Canora hat es geschafft ein ganzes Buch über Brühe zu schreiben und es interessant und spannend zu gestalten. Es ist vollgepackt mit nützlichem Wissen und Tipps eines Kochprofis auf seinem Gebiet. Zum Schluss möchte ich euch zeigen, wie ich nun meine Rinderbrühe mache. Dabei befolge ich Canoras Tipps.


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Rinderbrühe nach dem Rezept von Marco Canora

Canoras Rezepte im Buch sind alle für einen 16-Liter-Topf angegeben. Es macht durchaus Sinn, Brühe in größeren Mengen zu kochen, vor allem, wenn man täglich ein oder zwei Tassen trinkt und sie zu Suppen und Soßen hinzufügt. Da ich daheim aber keinen 16-Liter-Topf habe, habe ich die Angaben etwas angepasst. Du kannst das Rezept entsprechend hoch oder runter rechnen, wenn du gleich mehr Brühe machen möchtest. Die Kochdauer habe ich für mich auf maximal 5 Stunden begrenzt, Canora kocht seine Brühe aus Weidenfleisch 12 – 16 Stunden.
Zubereitungszeit 5 Stunden
Gesamtzeit 5 Stunden
Portionen 2 Liter

Zutaten
  

  • 2 Stück Unterschenkel mit Fleisch und Fett, ca. 1kg
  • Wasser (am besten gefiltertes)
  • 1 große Zwiebel (geschält und halbiert)
  • 2 Stangen Sellerie grob gehackt
  • 2 große Karotten grob gehackt
  • 1 EL Pfefferkörner
  • 1/2 Bund Petersilie
  • Feines Meersalz

Anleitungen
 

  • Knochen in einen Topf geben. Kaltes Wasser zugießen, bis die Knochen bedeckt sind. Canora empfiehlt gefiltertes Wasser, da er sagt, Leitungswasser enthalte Chemikalien.
  • Bei starker Hitze aufkochen, dabei alle 15-20 Minuten den Schaum von der Oberfläche abschöpfen.
  • Sobald das Wasser kocht, die Hitze reduzieren und den Topf etwas zur Seite ziehen, sodass der Boden nicht mehr vollständig auf der Herdplatte steht. So kocht die Brühe „in einem oval geformten Strudel von oben nach unten … und über das Fleisch herum“, wodurch „Fett und andere Unreinheiten an die Oberfläche“ aufsteigen. 2 Stunden köcheln lassen, dabei ein- oder zweimal Schaum abschöpfen.
  • Zwiebeln, Sellerie, Karotten, Pfefferkörner und Petersilie zugeben und in die Brühe drücken. 2 bis 3 Stunden weiter köcheln lassen, dabei regelmäßig Schaum abschöpfen und kontrollieren, ob alle Knochen noch vollständig mit Wasser bedeckt sind.
  • Die festen Bestandteile mit einem Drahtlöffel und/oder einer Greifzange herausnehmen und für eine Weiterverarbeitung zur Seite legen. Die Brühe durch ein feinmaschiges Sieb (ich verwende gerne auch mal einen Nussmilchbeutel) abgießen. Mit Salz abschmecken und abkühlen lassen. Canora empfiehlt ausdrücklich, erst am Ende zu salzen, um keine „versalzene Katastrophe“ zu erhalten.
  • Die abgekühlte Brühe in Behälter füllen. Dabei eventuell auf den Topfboden gesunkene feste Rückstände im Topf lassen. Über Nacht kaltstellen. Das hart gewordene Fett abnehmen (kann zum Kochen und Braten verwendet werden) und die Brühe bis zu 5 Tage im Kühlschrank aufbewahren. Im Gefrierfach hält sich Brühe bis zu 6 Monaten.

Notizen


Impressionen vom Kochen

Meine Brühe lagere ich in einem 2-Liter-Behälter. Ich trinke meistens täglich ein bis zwei Tassen und verwende sie zum Kochen, sodass sie ziemlich schnell wieder aufgebraucht ist. Das Fett, das sich oben am nächsten Tag bildet, kann man mit einem Löffel abkratzen und zum Braten verwenden.