Lucas Geschichte
Bei meinem Sohn Luca* (*der Name wurde geändert) wurde im November 2016 eine Colitis ulcerosa diagnostiziert. Damals war er sechzehn. Er hatte eine sogenannte Pancolitis, bei der der gesamte Dickdarm entzündet ist. Er selbst empfand diese Diagnose fast als Befreiung. Sein jahrelanges Leiden hatte nun endlich einen Namen. Die Zeit, in der man ihm von ärztlicher Seite sagte, er bilde sich seine Symptome nur ein, war nun vorbei, denn blutigen Durchfall kann niemand übersehen. Außerdem war Luca davon überzeugt, dass die Medikamente, die er verschrieben bekam, ihn schnell wieder kurieren würden.
Für mich begann die schlimmste Zeit meines Lebens, weil ich mir große Sorgen um meinen Sohn machte und sehr viel Angst um ihn hatte. Ich konnte und wollte nicht akzeptieren, dass Luca quasi von einem Tag auf den anderen vom „eingebildeten“ zum chronisch Kranken geworden war.
Zwei Sätze, die ein Gastroenterologe damals zu uns sagte, werde ich niemals vergessen: Die Colitis habe nichts mit der Ernährung zu tun und mein Sohn könne essen, was er wolle. Außerdem sagte er, dass die Colitis ulcerosa inzwischen sehr gut medikamentös behandelbar sei.
Die erste Aussage, die mir von Anfang an fragwürdig erschien, hat sich als absolute Fehleinschätzung erwiesen, denn es ist ja gerade die Ernährungsumstellung, mit der wir die Gesundheit meines Sohnes wieder zum Guten wenden konnten. Die zweite Feststellung ist nicht mehr als eine Floskel, die es ebenfalls zu hinterfragen gilt, denn die meisten Patienten müssen im Laufe ihrer Erkrankung zu stärkeren Medikamenten mit immer schwerwiegenderen Nebenwirkungen greifen. Die Chance, seinen Darm zu heilen und wieder gesund zu werden, wird im Lauf der Zeit immer geringer, da nur Symptome behandelt werden, statt die Ursachen anzugehen. Außerdem kommt es nicht für jeden Betroffenen in Frage, für den Rest seines Lebens von Medikamenten abhängig zu sein. Für Luca war dies jedenfalls keine Option.
Da die Standardmedizin meinem Sohn außer Medikamenten nichts zu bieten hatte, wurde mir sehr schnell klar, dass wir selbst die Initiative ergreifen müssen. Ich stieß ziemlich schnell auf die SCD und wir begannen fast sofort nach Lucas Diagnose mit der Umsetzung der Diät. Zur medikamentösen Behandlung nahm er anfangs auch Mesalazin ein und benutzte Salofalk-Einläufe.
Seine Ernährungsumstellung zeigte innerhalb weniger Tage die ersten Erfolge. Dazu gehörte, dass er endlich einmal wieder das Gefühl hatte, dass ihn die Nahrung, die er aß, auch mit Energie versorgte. Er hatte jahrelang unter Energiemangel gelitten. Damit verbunden war eine stark verringerte Leistungsfähigkeit in der Schule und bei sportlichen Aktivitäten, die ihm so wichtig waren.
Sein Sodbrennen verschwand und das Brennen im Bauch, das er lange Zeit fälschlicherweise als Hungergefühl interpretiert hatte. Die fast umgehende Abwesenheit dieser Symptome kann ich mir nur so erklären, dass sie mit einer Glutensensitivität oder -unverträglichkeit in Verbindung standen, auch wenn Luca laut seines Arztes keine Probleme mit Gluten hatte.
Luca fühlte sich mit seiner neuen Ernährungsweise sehr schnell rundherum wohler, aber es dauerte fast ein ganzes Jahr, bis überhaupt keine blutigen Durchfälle mehr bei ihm auftraten. In die SCD integrierten wir auch noch Anregungen aus der GAPS-(Gut and Psychology Syndrome)-Diät, die auf der SCD basiert und mit ihr kompatibel ist.
Lucas Medikamente setzten wir circa fünf Monate nach seiner Diagnose ab, weil wir nicht das Gefühl hatten, dass sie ihm halfen. Stattdessen traten zahlreiche „Neben“-Wirkungen bei ihm auf, die nach dem Absetzen der Medikamente schnell wieder verschwanden. Als wir mit dem behandelnden Gastroenterologen über diese Nebenwirkungen sprechen wollten, interessierte er sich noch nicht einmal dafür. Das kam nicht gut bei uns an. Seither hat Luca keine Medikamente mehr eingenommen. (Ich fühle mich dazu verpflichtet darauf hinzuweisen, dass man Medikamente prinzipiell nicht einfach absetzen sollte. Wenn es die Situation erlaubt, sollte man sie ausschleichen und dies sollte auch nur in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt erfolgen.)
Dass es Luca heute wieder gut geht und er seit Oktober 2017 symptomfrei ist, haben wir ausschließlich unserer eigenen Initiative zu verdanken. Gelegentlich lässt Luca seine Blutwerte kontrollieren und wir freuen uns darüber, dass sie immer sehr gut sind. Außer der strikten Befolgung der SCD bzw. der GAPS-Diät nimmt Luca ein hochwertiges probiotisches Präparat und Vitamin D ein. Ein ausreichend hoher Vitamin-D-Spiegel ist gerade für Menschen mit Autoimmunerkrankungen sehr wichtig.
Obwohl ich weiß, dass es ausgezeichnete Ärzte gibt, insbesondere im Bereich der funktionellen Medizin, muss ich hier einige kritische Worte loswerden. Was ich wirklich nicht verstehe ist die Tatsache, dass in all den Jahren nicht ein einziger der behandelnden Ärzte danach fragte, wie Lucas Diät jetzt eigentlich aussieht. Ich erwarte ja noch nicht einmal, dass ein Gastroenterologe die SCD oder die GAPS-Diät kennt (obwohl das ein riesiger Fortschritt wäre). Aber ein bisschen mehr Neugierde könnte doch bestimmt nicht schaden, denn immerhin haben wir mit unserer diätetischen Therapie etwas erreicht, was die Schulmedizin für unmöglich hält.
Es verwundert mich auch, dass wir Begriffe wie Leaky-Gut-Syndrom, Dysbiose oder auch nur das Wort Darmbakterien nicht ein einziges Mal von Lucas Ärzten zu hören bekamen. Auch die Gabe von Probiotika oder des so wichtigen Vitamin D wurde nie angeregt.
Was ich heute anders machen würde
Wenn ich die Zeit noch einmal zurückdrehen könnte, hätte ich Lucas Ernährung, schon Jahre bevor das Fass bei ihm überlief, umgestellt. Wenn ein Jugendlicher im Alter von 13 bis 16 Jahren ständig unter Energiemangel leidet, über Schwindel und Kribbeln in den Armen klagt und häufig Durchfall hat, dann ist etwas nicht in Ordnung. Normal ist das jedenfalls nicht und nicht alle Beschwerden sind „pubertätsbedingt”, nur weil sie in der Pubertät auftreten.
Wenn ein Arzt diesen Beschwerden nicht auf den Grund geht, dann würde ich einen anderen aufsuchen und nicht so lange warten, bis häufige Durchfälle zu blutigen Durchfällen werden. Wenn ein Kind genug isst und trotzdem keine Energie hat, dann liegt die Vermutung nahe, dass es sich falsch ernährt und/oder der Darm die Nährstoffe nicht richtig aufnehmen kann. Unter Nährstoffdefiziten bei Kindern und Jugendlichen leiden ihre körperliche und geistig/seelische Entwicklung. Bestimmte Entwicklungsschritte müssen innerhalb eines bestimmten Zeitfensters stattfinden und können später vielleicht nie mehr aufgeholt werden. Ein Arzt muss sich dessen bewusst sein und alles dafür tun, dass sich ein junger Mensch richtig entwickeln kann.
Leider muss ich sagen, dass unser Hausarzt wichtige Zeit verstreichen ließ. Eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung entsteht nicht über Nacht und mein Sohn ist jahrelang darauf zugesteuert, ohne dass ihm geholfen wurde. Ich vertraute unserem Arzt und hatte nicht das Wissen, das ich mir inzwischen angeeignet habe. Heute wäre ich nicht so abwartend und unkritisch, würde Forderungen stellen und selbst aktiv werden. Diese Anregungen möchte ich insbesondere an Eltern weitergeben.
Die Heilreise meines Sohnes habe ich sehr detailliert in meinem Erfahrungsbericht „Luca, seine Colitis und ich” aufgeschrieben. Darin geht es unter anderem auch darum, wie ich selbst als Mutter gelernt habe, mit der Colitis-Erkrankung meines Kindes umzugehen. Ich bin unendlich dankbar dafür, dass unsere Geschichte ein Happy End hat. Ich möchte andere Betroffene dazu ermutigen, ihre Gesundheit möglichst selbst in die Hand zu nehmen und an die Selbstheilungskräfte ihres Körpers zu glauben. Aus diesem Grund habe ich auch meinen Ratgeber und mein Kochbuch geschrieben.