Zweieinhalb Jahre SCD
Häufig erreichen mich folgende Fragen per E-Mail: Wie geht es dir heute? Bist du beschwerdefrei? Machst du die SCD noch? Hattest du schon einmal einen Check-up bzw. eine Darmspiegelung, seit du die SCD machst? Klar ist das Interesse bei Menschen groß, wenn sie hören, dass man alleine durch eine Ernährungsumstellung eine als unheilbar geltende Krankheit wie Morbus Crohn in den Griff bekommen hat. Viele, die am Anfang der SCD stehen, haben Zweifel, ob sie die Ernährungsumstellung schaffen und es durchhalten, sich so zu ernähren. Auch ich bekomme immer wieder zu hören: Das, was du machst, könnte ich nicht.
Da ich mit meiner kleinen Familie derzeit im Urlaub bin und mein Mann und andere Familienmitglieder sich um unseren kleinen Knirps kümmern können, habe ich Zeit in frühlingshafter Atmosphäre etwas ausführlicher auf die obigen Fragen einzugehen und zu beschreiben, wie es mir heute, zweieinhalb Jahre nach SCD-Beginn, geht.
Bin ich beschwerde- und entzündungsfrei?
Meinen Gastroenterologen habe ich das letzte Mal im Januar 2016 gesehen und damals hat er sich weder skeptisch noch euphorisch über die Diät geäußert, meinte jedoch, ich solle sie weiterverfolgen, wenn ich denke, dass sie mir guttut. Seitdem habe ich ihn nicht mehr aufgesucht, keine Darmspiegelung gemacht oder meine Entzündungswerte kontrolliert. Ich kann also nicht sagen, wie es in meinem Darm ausschaut oder was die typischen Entzündungsparameter sagen, aber ich fühle mich sehr gut und bin beschwerdefrei. Das ist das, was für mich zählt und mich motiviert, mich weiterhin so zu ernähren.
Schwangerschaft, Geburt, Stillen und SCD
Ein paar Mal habe ich es auf dem Blog bereits erwähnt (hier und hier) und ich denke, dass es für alle Frauen, die eine Schwangerschaft planen, schwanger sind oder stillen und SCD machen oder machen wollen, immer sehr interessant ist: Kann man sich auch in dieser besonderen Lebensphase nach SCD ernähren?
Meine Schwangerschaft verlief schubfrei und auch in den Monaten nach der Geburt hatte ich keinen Rückfall. Ich habe mein Kind gestillt und habe inzwischen abgestillt. Die diversen Hormonumstellungen, die der Körper während all dieser Phasen durchläuft, hatten keine negative Wirkung auf meinen Darm oder auf meinen Morbus Crohn. Wenn ich mal Probleme hatte, d.h. für ein, zwei Tage, vor, während und nach der Schwangerschaft, dann eher wegen dem Essen – eben weil ich mal etwas nicht Erlaubtes gegessen habe.
Ich möchte eigentlich nur zwei Empfehlungen in Bezug auf Schwangerschaft und SCD aussprechen. Erstens, plane, wenn möglich, in einer schubfreien Phase schwanger zu werden. Das werden dir auch die Ärzte empfehlen, egal ob du Medikamente einnimmst oder gerade ohne Medikation auskommst. Und zweitens ist es besser für dich und dein Baby, wenn du die SCD schon eine Weile machst und somit schon einige Lebensmittel verträgst. Es ist meiner Meinung nach nicht empfehlenswert schwanger zu sein oder zu stillen und mit der Intro-Diät anzufangen. Du als Schwangere und auch das Baby in deinem Bauch bzw. der Säugling, wenn du stillst, habt einen erhöhten Nährstoffbedarf und wenn du dann mit der Intro-Diät anfängst und langsam ein Lebensmittel nach dem anderen ausprobierst, um zu sehen, wie es auf deinen Darm wirkt, sehe ich die Gefahr der Nährstoffunterversorgung. Außerdem nimmt man am Anfang auch noch sehr viel ab, da man sich ja sehr kalorienarm ernährt.
Ich vertrage mehr als am Anfang
Es gibt einen Satz, den viele SCD-Anfänger am Anfang vielleicht einfach nicht mehr hören können: Habe Geduld und lass dem Darm Zeit zu heilen. Aber ich kann diesen Satz nach 2,5 Jahren voll und ganz unterstreichen. Auch wenn man zu Beginn viel abnimmt, was vielen wirklich Sorgen macht, und es schleppend vorangeht oder man ab und zu Rückfälle hat, ein neues Lebensmittel ausprobiert und es wieder zu Blähungen, Bauchkrämpfen und Durchfällen kommt – mit etwas Geduld wirst du Erfolge sehen. Und irgendwann geht es auch wieder aufwärts mit den Kilos. Ich hatte auch ein paar Lebensmittel, die ich gar nicht vertragen habe und heute bedenkenlos essen kann.
Nüsse
Ich erinnere mich noch daran, dass mein Darm bei Nüssen oder Backwaren aus Nüssen rebellierte. Auch Nussmilch ging gar nicht, ich bekam nach kürzester Zeit Bauchkrämpfe. So verzichtete ich fast gänzlich auf Nüsse und auch meine Smoothies bereitete ich mit Wasser zu. Nussmilch benutzte ich überhaupt nicht.
Als ich im Herbst 2016 schwanger wurde, machte ich die SCD bereits ein Jahr lang und als dann die Schwangerschaftsgelüste kamen, suchte ich nach neuen Rezepten. Ich probierte Nussbrote aus, weil ich ein großes Verlangen nach Brot und Nudeln hatte und siehe da, ich merkte, dass Nüsse, auch größere Mengen auf einmal, kein Problem mehr waren. Eines der Rezepte, das ich damals sehr gerne aß, sind die Frühstücksbrötchen.
Kokosmilch und Kokosmehl
Nach ungefähr einem Jahr SCD traute ich mich auch wieder an Kokosmilch und Kokosmehl heran – beides heute fester Bestandteil in meinem Speiseplan, obwohl ich zu Beginn damit auch noch Verdauungsprobleme hatte, vor allem Blähungen, Verstopfungen und einen breiigen Stuhl. Die einzige Einschränkung bei Kokosmilch, die ich heute noch habe, ist warme Kokosmilch. Ich habe schon zwei, drei Mal das Rezept für eine Goldene Milch nach gekocht und mir wurde jedes Mal kurze Zeit danach speiübel. Mein Magen kommt mit warmer Kokosmilch nicht zurecht.
Rohkost und Salate
Rohkost – rohes Obst und vor allem Salate – waren für meinen Darm schwer verdaulich. Ich vertrug Bananen in gebackener Form, wie z.B. bei den Bananenpfannkuchen, rohe Bananen lösten jedoch bei mir Bauchgrummeln aus. Salatexperimente gingen einen oder zwei Tage lang gut, danach hatte ich wieder Durchfall. Heute vertrage ich so gut wie jedes Obst roh; bei Salaten aus Blattgemüse beschränke ich mich und esse sie, wenn es hochkommt, ein oder zwei Mal in der Woche.
Spinat
Spinat war auch so ein Übeltäter. Ich liebe Spinat, aber von ihm bekam ich immer breiigen Stuhl. Laut der Empfehlung von Pecanbread.com kann man mit Spinat schon in Phase 1 anfangen. Ich habe sehr lange komplett auf Spinat verzichtet und als ich vor ein paar Wochen wieder Lust darauf hatte, machte ich mir ein Rührei mit Tomate und Spinat und stellte am nächsten Tag fest: Kein breiiger Stuhl, alles in Ordnung. Auch in den darauffolgenden Tagen gab es zum Frühstück Rührei mit Spinat und Tomate – und wieder war alles in Ordnung. Die Zeit heilt alles – auch den Darm 🙂
SCD und Alltag
Der Alltag mit der SCD ist immer noch ein großes Planen. Mein Sohn kam Ende Mai 2017 auf die Welt und die ersten Monate nach der Geburt machte ich keinen Essensplan mehr. Es herrschte Ausnahmezustand. Ich aß, was ich gerade fand (natürlich SCD-konform), oft wusste ich nicht, was ich kochen soll und zum Glück wurde ich am Anfang noch viel von meinem Mann bekocht. Aber irgendwann pendelte sich der Alltag mit dem neuen kleinen Wesen ein und ich kehrte zu einer gewissen pre-Geburtsroutine zurück. So fing ich wieder an, Essenspläne zu erstellen. Es erleichtert mir den Tag ungemein, auch wenn ich „nur“ zuhause bin und nicht in die Arbeit gehen muss. Wir erledigen den Wocheneinkauf besser und strukturierter, ich weiß, wann ich mit dem Kochen anfangen muss, wann ich etwas vorbereiten muss.
Für mich geht es ab Juni zurück in die Arbeit und ich überlege bereits jetzt, was ich dann mitnehmen kann. Ich suche Inspiration und merke, dass man auch im deutschsprachigen Raum immer mehr SCDler online findet. So gibt es inzwischen einige Instagram-Accounts (alex_naturalfood, jonathan.gruen, projekt.scd) und auch eine Seite mit ganz vielen deutschsprachigen SCD-Rezepten – nur bitte bei diesen Rezepten vorsichtig sein, denn es wird keine Empfehlung ausgesprochen, ab welcher Phase man die Essen darf.
Esse ich nicht SCD-konforme Lebensmittel?
Im Buch von Elaine wird darauf hingewiesen, dass man nach einer gewissen Zeit wieder „normal“ essen darf. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, diese „Diät“ ein ganzes Leben lang zu machen, denn ich fühle mich einfach so gut dabei, dass mir das Verlangen nach Brot, Nudeln, Kartoffeln, Pommes Frites etc. abhandengekommen ist (bis auf die paar Monate in der Schwangerschaft). Die Diät wirkt sich positiv auf meinen Körper und auf mein Wohlbefinden aus. Aber ich traue mich nun ganz selten an Lebensmittel heran, bei denen es eine Grauzone gibt bzw. die mit Vorsicht zu genießen sind.
Rote-Linsen-Spirelli
Laut Elaines Empfehlung aus ihrem Buch sind „aus Bohnen oder Linsen hergestelltes Mehl nur in kleinen Mengen“ herzunehmen; zudem sollten die Hülsenfrüchte vor dem Mahlen gut eingeweicht und abgetropft werden. Somit fallen Nudeln aus Linsen oder sonstigen Hülsenfrüchten generell heraus, da man nicht weiß, ob die Linsen vor dem Mahlen eingeweicht wurden und man ziemlich schnell große Mengen davon verputzten kann.
Als ich vor ein paar Wochen im Alnatura-Laden war, stieß ich mal wieder auf die Roten-Linsen-Spirelli und habe mir eine Packung zum Probieren gekauft. Wir haben einen wirklich leckeren Nudelauflauf damit gemacht, es schmeckte fantastisch, kein Unterschied zu normalen Nudeln. Aber ich hatte am nächsten Tag etwas weicheren Stuhl und als wir sie eine Woche später wieder gemacht haben, auch leichte Bauchkrämpfe. Daher muss ich sagen, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich sie vertrage. Vielleicht ist das wie mit den Nüssen und dem Spinat: Ich muss einfach noch etwas warten und in einem oder zwei Jahren werden sie mir keine Schwierigkeiten mehr bereiten.
Alnatura Bio Rostbratwürstchen
Vor einigen Monaten wurde in der SCD-Facebook-Gruppe ein Foto von Rostbratwürstchen gepostet. Laut Zutatenliste alles SCD-konforme Zutaten. Auf Nachfrage eines Gruppenmitglieds bestätigte Alnatura, dass sie eine Volldeklaration auf der Verpackung haben und kein Zucker in den Würstchen ist. Also kaufte ich die Würstchen eines Tages und kann sagen: Sie schmecken sehr gut und ich hatte keine Schwierigkeiten.
Aber ich möchte auch noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass man sich an diese Würstchen oder Linsennudeln immer mit Vorsicht heranwagen sollte und am besten wirklich erst, wenn man die Diät schon einige Zeit lang macht und es einem schon gut geht.
SCD ist und bleibt meine Ernährung
Ich fühle mich sehr wohl und gesund und sehe für mich keinen Grund, die SCD aufzugeben. Diese Ernährungsform hat mir Lebensqualität zurückgegeben und ich benötige keine Medikamente, um den Crohn in Schach zu halten. Hoffentlich konnte ich dich mit diesem Beitrag motivieren dran zubleiben, auch wenn es schwierig ist und man seinen Alltag komplett umstellen muss. Es lohnt sich. Irgendwann wird diese spezielle Ernährung zur neuen Normalität und du merkst eines Tages, dass sich die Gedanken nicht nur um das gesundheitliche Wohlbefinden und die Verdauung drehen, so wie es bei mir jahrelang der Fall war. Wenn es dir gut geht, rückt das in den Hintergrund und du kannst dich auf andere Sachen konzentrieren oder einfach nur den Moment genießen.